«Immer wenn ein Sanitätsauto an mir vorbeifährt, weiss ich: heute muss ich aufpassen!»

Diese Aussage und die damit verbundene Übung sind mir gut in Erinnerung geblieben. 2016 in Berlin an einem trüben Freitagnachmittag während der Ausbildung zum Change-Prozessbegleiter. Wir erhielten den Auftrag, eine Fragestellung auszuwählen, die uns gerade beschäftigte. Rauszugehen. Unseren Kopf komplett leer zu machen und in Resonanz mit der Welt zu gehen. «Flirte mit der Welt, und die Welt flirtet mit dir!» war die Einladung. An die von mir gewählte Fragestellung erinnere ich mich nicht mehr und auch nicht an meine Flirtversuche mit der Welt. Aber das anschliessende Debriefing und die Bemerkung eines Weiterbildungskollegen «Wenn ein Sanitätsauto auf dem Weg zu einem Workshop an mir vorbeifährt, weiss ich: heute muss ich muss aufpassen.» sind noch heute präsent.

Bei Team- und Organisationsentwicklung geht es nicht nur um den Verstand, sondern um ein gesamtheitliches Erleben.

Es gibt ausreichend wissenschaftliche Studien, die bestätigen, dass unser Verstand eine begrenzte Aufnahmekapazität hat und viele Entscheidungen mehr durch unseren Bauch geprägt sind. Ob dies jetzt gut ist oder nicht: Es gilt, eine Team- und Organisationsentwicklung zu einem gesamtheitlichen Erlebnis zu machen. Das kann sogar das Umarmen von Bäumen beinhalten und zwischenzeitlich habe ich einen Fanklub von Führungskräften, die sich genau an diesen Moment draussen in der Natur erinnern. Meist es geht jedoch darum, Diskussionen mit kreativ-systemischen Erlebnismomenten zu erweitern und den begrenzten Verstand für einen Moment auszublenden.

Du möchtest dir einen Bauchzugang bauen? Folgende zwei Ideen können hilfreich sein.

Flirte mit der Welt, und die Welt flirtet mit dir.

Mach es wie damals ich: Wähle dir eine Fragestellung. Mache deinen Kopf frei und laufe erwartungsfrei mit offenen Augen und entspanntem Kiefer durch die Gegend. Beobachte, nehme auf und überlege erst im Anschluss, welche Signale und Botschaften du erhalten hast. Ein entspannter, leicht hängender Kiefer hilft dir dabei, besonders wahrnehmungsfähig zu sein und nicht bereits den ersten Filter zu setzen.

 

Interpretation von Ansichtskarten.

Möchtest du drinnen bleiben, wählst du dir eine Fragestellung, atmest aus und ziehst aus einem Stapel Ansichtskarten drei Karten heraus, ohne dass du diese bereits siehst. Drehe sie gleichzeitig um und assoziiere urteilsfrei, was dir diese Ansichtskarten zu deiner Frage mitteilen möchten. Reflektiere zum Schluss, welche neuen Einsichten und Impulse du durch diese Ansichtskarten gewinnen konntest.

Ihr als Team wünscht einen Bauchmoment? Folgende zwei Vorgehensweisen sind einfach ausprobierbar.

Mit Lego eine Antwort bauen

Wählt euch als Team eine Fragestellung wie z.B. «wo stehen wir in 5 Jahren» oder «was sind unsere Qualitäten». Baut ohne gross zu überlegen aus Lego in mindestens zwei Gruppen eine Antwort darauf. Interpretiert gegenseitig die resultierenden Kunstwerke und formuliert Vermutungen, was die andere Gruppe aufzeigen wollte. Stellt dann euer Kunstwerk gegenseitig vor und notiert die wichtigsten Aussagen und Erkenntnisse, um diese greifbarer zu machen.

 

Ein Fabelwesen malen

Alle haben ein Blatt Papier und einen Stift vor sich. Faltet das Papier hochkant in drei Teile zur Vorbereitung. Alle wählen sich ein Tier, welches die Teamqualitäten am besten beschreibt, ohne offenzulegen, was gewählt wurde. Malt den obersten Teil des gewählten Tiers auf den ersten Blattteil. Faltet das Papier und gebt dieses an eine andere Person; stellt aber sicher, dass die Anschlussstelle zum bereits gemalten Tierteil sichtbar ist. Malt den Mittelteil, gebt das Papier weiter und malt den untersten Teil des Tiers. Gebt das Papier ein letztes Mal weiter, öffnet das erhaltene Blatt und interpretiert reihum das Fabelwesen hinsichtlich der gezeigten Qualitäten. Diskutiert anschliessend, wie ihr diese Qualitäten bewahren könnt und welche zusätzlichen Qualitäten ihr wie noch aufbauen möchtet.

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«Es müsste doch möglich sein, mittels ein paar Fragen herauszufinden, wo ein Team seine Stärken hat und wo die Entwicklungsfelder liegen!»