«Wir wollen eine Feedbackkultur in unserem Team aufbauen!»

Mit diesem Wunsch wenden sich Teams wie auch Vorgesetzte an mich und wünschen eine Feedbackschulung: «Wir wollen uns regelmässiger Rückmeldung geben, voneinander lernen und uns weiterentwickeln.». Das Verständnis, was Feedback ist, geht dabei oft auseinander und im Rahmen der Auftragsklärung frage ich, ob Feedback als Rückmeldung zu etwas verstanden wird, das mir vielleicht noch nicht bewusst ist (blinder Fleck), oder ob es mehr um ein Anbringen von Kritik mit entsprechenden Wunsch einer Verhaltensveränderung geht. Nach einer solchen Begriffsklärung wird der Fokus einer ‘Schulung’ rasch klarer, wobei es meist weniger um das Wie von Feedback und mehr um den Aufbau von Feedbackmotivation geht.

Das ideale Verhältnis von positivem und negativem Feedback liegt bei 3 zu 1, bei Beziehungspartnern bei 5 zu 1 – so die Erkenntnisse aus der positiven Psychologie.

Wir wünschen uns neben Hinweisen zu Wachstumspotenzial noch viel öfter Lob, damit Motivation und Selbstvertrauen gestärkt und die Zusammenarbeit als offen und wertschätzend erlebt wird. Kritisiert mich jemand fortwährend, vermeide ich zunehmend den Kontakt. Je näher und vertrauter mir der:die Feedbackgeber:in zudem ist, umso schwerwiegender bewerte ich Kritik, weshalb Beziehungspartner:innen sich gegenseitig noch mehr Lob geben sollten. Zuviel des Guten ist aber auch nicht hilfreich: «Erhalte ich nur Lob, glaube ich am Schluss nicht mehr an diese positiven Rückmeldungen oder sie verlieren an Kraft» - so oft die Rückmeldung. Beim Aufbau einer Feedbackkultur geht es somit um den Mix resp. einen regelmässigen Review des Rückmeldungsverhältnisses.

Was hilft, beim Aufbau einer Feedbackkultur?

Folgende Kniffs können helfen, eine Bereitschaft zum Feedbackaustausch entstehen zu lassen oder sogar den Wunsch nach noch mehr Rückmeldungen aufzubauen!

  • Ich will den Mehrwert von Feedback kennen: Weiss ich nicht, was ich als Feedbackgeber:in oder Feedbackempfänger:in durch die Rückmeldung gewinnen kann, bleibt die Feedbackmotivation bescheiden. Ein Aufzeigen des Mehrwerts z.B. anhand des Johari-Fensters oder durch Teilen hilfreicher Feedbackerlebnisse kann helfen.

  • Ich möchte wissen, wie ich Feedback respektvoll formulieren kann: Loben fällt meist einfach, während Kritikanbringen mehr Mühe macht. Die 3-W-Struktur aus Wahrnehmung (Ich habe beobachtet / ich habe gesehen / mir ist aufgefallen), Wirkung (auf mich wirkt dies / ich hatte den Eindruck / ich war zufrieden / unzufrieden, weil) und Wunsch (ich wünschte mir / meine Empfehlung ist / meiner Meinung nach könntest du) hilft dabei, nicht nur Lob, sondern auch Kritik konkret-konstruktiv anzubringen.

  • Es geht um das Verhalten und nicht um Werte oder die Person selbst: Was wir beobachten können, ist das Verhalten. Und auch wenn dieses Verhalten Rückschlüsse auf die Werte und den Menschen ermöglichen, steht es uns im Berufskontext nicht zu, Wertehaltungen zu kritisieren. Stört uns vielleicht eine gewisse Engstirnigkeit, können wir jedoch das gezeigte Verhalten zurückmelden und uns mehr Offenheit bei Diskussionen wünschen.

  • Ich brauche Gelegenheit, um Feedback zu geben: Ist die Alltagshektik zu gross, fehlt die Zeit, um gemeinsam unser Verhalten und die damit verbundene Wirkung zu reflektieren. Deshalb helfen konkrete Zeitfenster, um sich gegenseitig Feedback zu geben. Das kann im Rahmen von Teammeetings stattfinden oder einen vierteljährlichen Feedbackspaziergang bedeuten. Wichtig ist, dass die Zeitabstände so sind, dass sich wieder ausreichend Feedback angesammelt hat resp. alle Interesse an Feedback haben.

  • Bewusst am Verhältnis von 3 zu 1 arbeiten: Feedback ist dann spannend, wenn es immer wieder neu ist. Sich zunächst nur positives Feedback geben, um bei einem nächsten Mal auf Entwicklungsfelder hinzuweisen und danach bspw. die gegenseitige Kommunikation zu reflektieren, macht Feedback spannend, überraschend und wirkungsvoll.

  • Ich möchte wissen, wie direkt mein Feedback sein kann: Wir mögen es unterschiedlich direkt – die eine hat es gerne geradeheraus, während der andere es indirekter, abgeschwächter und zwischen den Zeilen wünscht. Meist wird aber Direktheit gewünscht. Je weniger Tamtam gemacht wird, umso einfacher ist Feedback annehmbar.

  • Nur ein Teil von uns wird kritisiert, während der Rest vollkommen ist: Sieht man sich selbst als grundsätzlich ok mit ein paar Entwicklungsfeldern, lässt sich Kritik ebenso entspannt annehmen wie Lob, weil wir als Mensch per Definition liebenswert sind. Sich dies immer wieder in Erinnerung zu rufen oder sogar direkt anzusprechen, macht einen Feedbackaustausch sehr viel entspannter.

Neben all diesen Tipps und Tricks hat die Teamleitung einen grossen Einfluss auf die Feedbackkultur. Wünscht man selbst kein Feedback oder geht man nicht in Vorleistung, orientiert sich das Team an diesem Verhalten und verhält sich gleich. Umso wichtiger ist es somit, sich als Führungskraft feedbackinteressiert zu zeigen, selbst Feedback zu geben und regelmässig Zeitfenster für einen Feedbackaustausch zur Verfügung zu stellen. Dabei soll es aber nicht ernsthaft verkrampft zur Sache gehen, sondern durchaus humorvoll-leicht. Feedback ist ein Geschenk und mit einer ansprechenden Verpackung freut man sich darüber!

Du möchtest allen die Chance auf ganz viel Lob schenken?

Was unter Organisationsentwickler:innen Ressourcendusche genannt wird, sind kurze Austausche mit rein positivem Feedback. Entweder als ganzes Team oder in Untergruppen feedbacked man sich gegenseitig zurück, was man aneinander schätzt. Ein vordefiniertes Zeitfenster pro Person von 3 – 5 Minuten stellt sicher, dass der Austausch dynamisch-zielstrebig ist und alle an die Reihe kommen. Alternativ kann für jede Person von allen ein Couvert mit positiven Rückmeldungen gefüllt werden und am Schluss teilt man ein paar der erhaltenen Feedbacks, um die anderen an der Freude teilhaben zu lassen.

Ihr möchtet euch auf Entwicklungsfelder fokussieren?

Eine Feedbacksequenz bewusst auf Entwicklungsfelder zu fokussieren, mag zunächst etwas Unwohlsein auslösen, hilft final aber, dass auch solche Rückmeldungen Raum finden. Dabei empfiehlt sich ein Austausch eher zu zweit oder dritt für mehr Vertrautheit mit einem Zeitfenster von 15 bis 20 Minuten. Nach zwei oder drei solcher Zeitfenster ist die Energie meist aufgebraucht und man kann je nach Wunsch im Plenum teilen, wie man sich nach dieser Sequenz fühlt und was als Erkenntnis mitgenommen wird.

Ihr möchtet die 3 zu 1 ausprobieren?

In Form eines Spaziergangs mit Gesprächspartner:innenwechsel alle ca. 7 Minuten können vier Feedbacks mit einem Verhältnis von 3 zu 1 austauscht werden. Wichtig dabei ist, dass Rückmeldungen mit einem ‘und’ anstelle eines ‘aber’ verbunden werden, um das Positive nicht zu entkräften. Oder man startet mit der Kritik und setzt diese bewusst mit einem ‘aber’ in Relation zu den positiven Rückmeldungen.

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«Wann braucht man als Team eine Teamentwicklung?»